Ausbildung oder Studium? Ein Vergleich
Abi geschafft – und jetzt? … Ausbildung oder Studium? Oder was?
Die meisten Schulabgänger sind ratlos und mit dem Angebot von über 20.000 Studiengängen und 300 anerkannten Ausbildungsberufen maßlos überfordert. Dabei sollte man sich vor der konkreten Wahl einer Weiterbildung zuerst einmal fragen: Ausbildung oder Studium?
Und genau darum soll es in diesem Blog gehen.
Ich selbst habe nach dem Abitur ein Studium angefangen, jedoch eine Ausbildung gar nicht erst in Betracht gezogen. Hätte ich mein Abi erst dieses Jahr absolviert, hätte ich mich vielleicht anders entschieden. Bekanntlich ist man ja im Nachhinein immer schlauer.
Damit ihr nach eurem Abschluss nichts überstürzt will ich euch sowohl meine Erfahrungen, als auch die meiner Freunde, die gemischt Studis und Azubis sind, zum Thema Ausbildung oder Studium mitteilen.
Los gehts!
Ausbildung oder Studium: Studium
Wissenschaftliches Interesse, intellektuelle Fähigkeiten und Forschungsdrang waren früher die ausschlaggebenden Gründe für den Beginn eines Studiums. Heute ist „Student sein“ eher ein Titel, mit dem sich viele Ex-Abiturienten gerne schmücken. „Hauptsache studieren“, die Planung der beruflichen Zukunft steht da eher im Hintergrund. Viele meiner Freunde haben damals tatsächlich ein Studium angefangen, weil es entweder die Akademiker-Eltern von Ihnen erwartet haben, oder weil sie Sehnsucht nach der Romantik eines Studentenlebens hatten.
Tatsächlich ist die Uni nur eine Weiterentwicklung von Schule – Lehrer werden durch Professoren ersetzt, Hausaufgaben durch Haus- und Projektarbeiten und Klausuren bleiben Klausuren. Lehrer laufen euch mit dem Fehlstundenzettel nicht mehr hinterher, oder kontrollieren gar eure Hausaufgaben – dafür seid ihr aber komplett auf euch alleine gestellt. Das heißt:
Den meisten Stoff müsst ihr euch selbst beibringen.
Dieser Punkt wird oft unterschätzt.
Was bedeutet es zu „studieren“?
Ich habe eine Freundin die ihre ganze Schulzeit über von einer Uni geträumt hatte.
Sie hatte sich immer ausgemalt wie sie sich eine WG mit einpaar anderen Mädels teilt, auf Teilzeit in einem Cafe kellnert, die Nächte durchfeiert und morgens verkatert im Vorlesungssaal sitzt. Allerdings ist sie kein großer Management-Künstler und nicht besonders selbstdiszipliniert. Sie hatte zwei Wochen vor der Klausurenphase begonnen sich vorzubereiten. Und da sie tatsächlich die meiste Zeit während der Vorlesungen damit beschäftigt war ihre Kopfschmerzen in den Griff zu kriegen, hatte sie in ihrer intensiven Lernphase so viel nachzuholen, dass der Umfang eigentlich nicht mehr nachholbar war. Fazit – zwei von fünf Prüfungen hatte sie nicht bestanden und musste sie im Folgejahr wiederholen.
So romantisch kann also ein Studentenleben sein. Und ja ich weiß, mittlerweile sieht das Studentenleben dank Corona nochmal ganz anderes aus, aber dass Homeschooling nicht wirklich zur Lernproduktivität beiträgt ist ja mittlerweile kein Geheimnis mehr.
Was ich eigentlich damit sagen will:
Lernen ist etwas, was man im Studium nicht nur auf eine Phase von 2 Woche schieben kann.
Damit es euch leicht fällt für eine Prüfung zu lernen müsst ihr ein Studium wählen, dass euch fachlich wirklich interessiert, oder im besten Fall ein berufliches Ziel schon im Blick haben.
Studieren um des Studieren Willens halte ich für eine schlechte Idee – eigentlich könnt ihr da nur enttäuscht werden. Dazu kommt, dass ein abgebrochenes Studium auf dem Arbeitsmarkt auch nichts wert ist. Da gilt ganz klar: Ohne Abschluss keine Anerkennung.
Ausbildung oder Studium: Ausbildung
Eine Berufsausbildung hatte in den letzten Jahrzehnten dramatisch an Image verloren. Niedrige Löhne, mangelnde Aufstiegschancen innerhalb des Berufs und das Fehlen eines bestimmten Berufswunsches waren häufig die ausschlaggebenden Gründe, sich gegen eine Ausbildung zu entscheiden. Dabei birgt eine Berufsausbildung viele Vorteile, die auf den ersten Blick nicht zu erkennen sind.
Eine Ausbildung findet in einem Betrieb statt, nicht in einem Vorlesungsraum. Ein bis zwei Tage die Woche besucht ihr eine Berufsschule (oder habt Blogunterricht), den Rest der Zeit seid ihr als Azubis in eurem Betrieb angestellt, lernt von den älteren Mitarbeitern, werdet für eure Arbeit entlohnt und kriegt einen authentischen Einblick ins Arbeitsleben. Das kann bei langen Arbeitszeiten natürlich anstrengend und gewöhnungsbedürftig seid, aber denkt dran: Lernen findet größtenteils vor Ort und voneinander statt, nicht alleine in der Bibliothek. Wenn ihr nach Arbeitsschluss nach Hause kommt, könnt ihr den Rest des Abends meistens für euch nutzen. Vor allem für Menschen, die strickte Arbeits- und Ruhezeiten brauchen und sich nur sehr schlecht selbstständig organisieren können, ist das von Vorteil.
Handwerk
Gerade wenn ihr gerne mit den Händen arbeitet, öffnet sich euch ein breites Spektrum an individuellen Ausbildungsberufen.
Einer meiner Freunde hatte damals eine Ausbildung zum Zimmerer absolviert, bevor er an die Uni gegangen ist und arbeitet auch trotz Studium noch regelmäßig als Zimmerer auf verschiedenen Baustellen. Als Nebenverdienst, meinte er, macht er das gerne. „Das Ergebnis seiner Arbeit am Ende des Tages direkt vor Augen zu haben ist meistens befriedigender, als Nachmittage lang durch zu lernen.“, sagte er Mal zu mir.
Auch sonst sind handwerkliche Stärken immer gefragt, nicht nur beruflich, sondern auch im privaten Leben (wer von uns hat schon nicht gerne einen Handwerker zum Freund???).
Ganz sicher wird das Wissen, dass ihr im Handwerk erlernt, irgendwann euch selbst zu Gute kommen. Und denkt daran: Handwerk bedeutet nicht automatisch Baustelle. Wenn ihr euch mal ansehen wollt, wie vielfältig dieser Ausbildungszweig ist, schaut gerne Mal hier vorbei.
Da die Existenz vieler Betriebe von Nachwuchs abhängt, werden die meisten Azubis nach ihrer Ausbildung problemlos übernommen. So müsst ihr euch um einen Job schon Mal keine Sorgen machen. Wem das zu wenig ist, der kann natürlich trotzdem noch aufsteigen. Durch ein angehängtes Studium zum Beispiel, oder das Absolvieren eines Meistertitels könnt ihr euch sogar selbstständig machen und einen eigenen Betrieb gründen. Sicher ist: Nach einer Ausbildung muss es nicht vorbei sein. Aufstiegsmöglichkeiten sind immer gegeben.
Fazit
Ahnungslos sind die meisten Schüler nach dem Abi – wem kann man das verübeln? Wir lernen Spanisch, können Gedichte analysieren und Gleichungen aufstellen, aber uns selbst zu finden stand praktisch nie auf dem Lehrplan.
Bevor ihr euch blind in ein Studium stürzt, stellt euch folgende Fragen:
Bin ich ein Denker oder bin ich ein Macher?
Habe ich Spaß am Lernen und Lesen oder bin ich eher ein Mensch, der praktisch arbeiten will?
Will ich sitzend oder stehend arbeiten? Alleine oder im Team? Am Computer?
Allgemein: Wie stelle ich mir meine Arbeitsumgebung vor?
Womit beschäftige ich mich am liebsten in meiner Freizeit?
Was hasse ich am meisten?
Wo liegen meine Stärken?
Wo, glauben meine Freunde und Familienmitglieder, liegen meine Stärken?
Will ich erstmal arbeiten?
Oder will ich wieder zurück in den Unterricht?
Und zu guter Letzt: Welchen Beruf möchte ich auch gar keinen Fall ausüben und wieso?
Falls euch weder ein Studium, noch eine Ausbildung anspricht, dann denkt Mal über einen Auslandsaufenthalt nach! Dabei macht ihr nämlich nicht nur praktische und soziale Erfahrungen, sondern auch sprachliche. Und das Beherrschen einer zweiten Sprache ist heutzutage die Eintrittskarte in viele internationale Branchen und Unternehmen.
In jedem Fall: Geht in euch und hört auf euch zu stressen.
Das Abi ist vorbei und das Beste liegt noch vor euch. Überlegt euch gut, was daraus wird.
Für das abigrafen.de-Team,
Nicole